Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 8. Oktober 2020 – 5 Sa 117/20 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Leitsatz
§ 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX begründet keinen Individualanspruch der betroffenen Arbeitnehmer auf Einleitung und Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM).
Tatbestand
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Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Einleitung und Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM) hat.
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Zwischen dem Kläger, der mit einem Grad der Behinderung von 30 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, und der beklagten Gemeinde besteht seit dem 3. Juli 2000 ein Arbeitsverhältnis. Der Kläger wurde zunächst im Bereich „Bauhof“ eingesetzt. Mit Wirkung zum 1. Januar 2016 versetzte ihn die Beklagte in den Bereich „C“. Im Jahr 2018 war der Kläger an 122 Arbeitstagen krankheitsbedingt arbeitsunfähig, im Jahr 2019 vom 1. Januar bis zum 25. August an 86 Arbeitstagen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 2. August 2019 verlangte der Kläger die Durchführung eines bEM. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 19. August 2019 ab.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe unmittelbar aus § 167 Abs. 2 SGB IX, jedenfalls aber aus § 167 Abs. 2 SGB IX iVm. dem Gebot der Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) einen Anspruch auf Einleitung und Durchführung eines bEM, weil er in den Jahren 2018 und 2019 – wie auch in den Folgejahren – jeweils länger als sechs Wochen krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen sei.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, mit ihm ein bEM gemäß § 167 SGB IX unter Beteiligung des Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung der Beklagten sowie unter Beteiligung des Integrationsamts und der Rehabilitationsträger einzuleiten und durchzuführen und mit diesen zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und sein Arbeitsplatz erhalten werden kann. |
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, § 167 Abs. 2 SGB IX begründe auch in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB keinen Individualanspruch der Arbeitnehmer. Unbeschadet dessen habe sie mit den der Versetzung des Klägers vorangegangenen Gesprächen und der Übertragung der Tätigkeit im Bereich „C“ faktisch ein bEM durchgeführt.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren bestritten, dass bei ihr ein Personalrat gebildet sei. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage, soweit der Kläger die Durchführung eines bEM verlangt, als unzulässig und im Übrigen als unbegründet abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Im Revisionsverfahren hat die Beklagte vorgetragen, die Mitglieder des Personalrats hätten auf einer Personalversammlung am 6. November 2019 ihren Rücktritt erklärt. Ein neuer Personalrat sei in der Zwischenzeit nicht gewählt worden.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis zu Recht stattgegeben und die Klage abgewiesen.
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A. Die Klage ist allerdings – entgegen der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts – insgesamt zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (zu den Anforderungen im Einzelnen vgl. BAG 3. Dezember 2019 – 9 AZR 78/19 – Rn. 10 f. mwN, BAGE 169, 26). Der Klageantrag ist bei gebotener rechtsschutzgewährender Auslegung (vgl. hierzu BAG 17. März 2015 – 9 AZR 702/13 – Rn. 13 mwN; BGH 2. Dezember 2015 – IV ZR 28/15 – Rn. 10) auf die Einleitung und Durchführung eines den gesetzlichen Mindestanforderungen entsprechenden bEM gerichtet. Eine weitere Konkretisierung der Durchführungsmaßnahmen kann vom Kläger im Hinblick auf die Besonderheiten des bEM nicht verlangt werden.
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I. Ein bEM iSv. § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist ein rechtlich regulierter verlaufs- und ergebnisoffener „Suchprozess“, der individuell angepasste Lösungen zur Vermeidung zukünftiger Arbeitsunfähigkeit ermitteln soll (vgl. BAG 20. Mai 2020 – 7 AZR 100/19 – Rn. 32 mwN; 22. März 2016 – 1 ABR 14/14 – Rn. 11, BAGE 154, 329; 10. Dezember 2009 – 2 AZR 400/08 – Rn. 20). Ziel des bEM ist es festzustellen, aufgrund welcher gesundheitlichen Einschränkungen es zu den bisherigen Ausfallzeiten gekommen ist, und herauszufinden, ob Möglichkeiten bestehen, sie durch bestimmte Veränderungen künftig zu verringern, um so eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vermeiden (BAG 20. November 2014 – 2 AZR 755/13 – Rn. 30, BAGE 150, 117). § 167 Abs. 2 SGB IX schreibt weder konkrete Maßnahmen noch einen bestimmten Verfahrensablauf vor. Aus dem Gesetz lassen sich lediglich gewisse Mindeststandards ableiten. Zu diesen gehört es, die gesetzlich dafür vorgesehenen Stellen, Ämter und Personen zu beteiligen und zusammen mit ihnen – mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person – eine an den Zielen des bEM orientierte Klärung ernsthaft zu versuchen. Zudem entspricht ein bEM-Verfahren den gesetzlichen Anforderungen nur, wenn es keine vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Anpassungs- und Änderungsmöglichkeiten ausschließt und in ihm die von den Teilnehmern eingebrachten Vorschläge sachlich erörtert werden (vgl. BAG 20. Mai 2020 – 7 AZR 100/19 – Rn. 32 mwN; 19. November 2019 – 1 ABR 36/18 – Rn. 30).
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II. Der Kläger trägt mit der Fassung des Klageantrags dem Gestaltungsspielraum Rechnung, den die gesetzliche Regelung dem Arbeitgeber einräumt (vgl. BAG 22. März 2016 – 1 ABR 14/14 – Rn. 11, BAGE 154, 329; 10. Dezember 2009 – 2 AZR 198/09 – Rn. 18 mwN), indem er der Beklagten im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und Zweckbestimmungen des bEM die Auswahl der Einleitungs- und Durchführungsmaßnahmen überlässt. Soweit im Klageantrag die zu beteiligenden Stellen genannt sind, orientiert sich der Kläger am Wortlaut von § 167 Abs. 2 SGB IX. In Bezug auf die Beteiligung der Rehabilitationsträger ist der Antrag iSe. „ggf.“ zu verstehen, denn nach § 167 Abs. 2 Satz 4 SGB IX sind vom Arbeitgeber die Rehabilitationsträger nur hinzuzuziehen, wenn Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht kommen. Vor Beginn des bEM ist dies nicht absehbar. Der Klageantrag ist auch, soweit der Kläger die Beteiligung des Personalrats verlangt, hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Frage, ob bei der Beklagten ein Personalrat existiert, ist hierfür ohne Bedeutung.
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B. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einleitung und Durchführung eines bEM.
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I. Der Kläger kann die Klageforderung nicht auf § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX stützen. Dies ergibt die Auslegung der Bestimmung.
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1. Für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Der Wortlaut gibt nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte Regelungskonzeption deutlich. Für die Beantwortung der Frage, welche Regelungskonzeption dem Gesetz zugrunde liegt, kommt den Gesetzesmaterialien und der Systematik des Gesetzes eine Indizwirkung zu (vgl. BVerfG 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 ua. – Rn. 66, BVerfGE 133, 168; BAG 21. August 2019 – 7 AZR 21/18 – Rn. 14, BAGE 167, 341; 21. Dezember 2016 – 5 AZR 374/16 – Rn. 20 mwN, BAGE 157, 356).
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2. Ausgehend von diesen Grundsätzen begründet § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, auch wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm erfüllt sind (vgl. hierzu BAG 20. Mai 2020 – 7 AZR 100/19 – Rn. 30 mwN), keinen Individualanspruch der betroffenen Arbeitnehmer auf Einleitung und Durchführung eines bEM (ebenso Boecken RdA 2012, 212, 215; aA mit unterschiedlichen Begründungsansätzen ErfK/Rolfs 21. Aufl. SGB IX § 167 Rn. 5; Hinze Das betriebliche Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX (BEM) unter besonderer Berücksichtigung des Datenschutzes 2018 S. 71 ff.; Nebe in Plagemann Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht 5. Aufl. § 20 Rn. 35 f.). Dieses Ergebnis steht mit dem Wortlaut von § 167 Abs. 2 SGB IX im Einklang und entspricht der Systematik der Bestimmung, wie der von Kapitel 3 Teil 2 des SGB IX.
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a) Nach § 167 Abs. 2 Satz 7 SGB IX können die zuständige Interessenvertretung iSd. § 176 SGB IX, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung, die nach § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX gebotene Klärung verlangen. Sie wachen nach § 167 Abs. 2 Satz 8 SGB IX darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt. Entsprechende Rechte und Aufgaben sieht die gesetzliche Regelung für die betroffenen Arbeitnehmer nicht vor. Dem Gesetzgeber war damit nicht nur bewusst, dass die – notfalls gerichtliche – Durchsetzung des bEM einen Anspruch iSv. § 194 Abs. 1 BGB voraussetzt, dh. das Recht von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Die Regelungssystematik lässt zudem darauf schließen, dass § 167 Abs. 2 Satz 7 SGB IX Rechtsschutzdefizite in Kauf genommen hat, die entstehen könnten, weil die tatsächliche Einleitung und Durchführung des bEM rechtlich nicht durch einen Individualanspruch des Arbeitnehmers abgesichert ist.
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b) Die Systematik des SGB IX bestätigt dieses Verständnis. Kapitel 3 des Teils 3 des SGB IX unterscheidet zwischen sonstigen Pflichten der Arbeitgeber und Rechten der (schwerbehinderten) Arbeitnehmer und bringt damit zum Ausdruck, dass nicht jeder Pflicht des Arbeitgebers ein entsprechender Anspruch bzw. ein entsprechendes Recht des Arbeitnehmers gegenübersteht. Räumt das Gesetz den Arbeitnehmern Ansprüche ein, werden diese ausdrücklich als solche bezeichnet, wie zB in § 164 Abs. 4 SGB IX (vgl. BAG 26. November 2020 – 8 AZR 59/20 – Rn. 45; zum aus § 81 Abs. 4 Satz 1 SGB IX aF folgenden Wiedereingliederungsanspruch schwerbehinderter Menschen vgl. BAG 16. Mai 2019 – 8 AZR 530/17 – Rn. 22, BAGE 166, 379). Dies ist in § 167 Abs. 2 SGB IX nicht geschehen.
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c) Ein von der Gesetzessystematik abweichendes Auslegungsergebnis kann aus den Gesetzesmaterialen (vgl. BT-Drs. 15/2318 S. 22) nicht abgeleitet werden. Diese verhalten sich nicht zu der Frage, ob § 167 Abs. 2 SGB IX einen Individualanspruch des Arbeitnehmers begründet.
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d) Die Richtlinie 2000/78/EG und die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die integrierender Bestandteil der Unionsrechtsordnung (vgl. EuGH 11. September 2019 – C-397/18 – [Nobel Plastiques Ibérica] Rn. 39; 1. Dezember 2016 – C-395/15 – [Daouidi] Rn. 40) ist und damit zugleich des – ggf. unionsrechtskonform auszulegenden – deutschen Rechts (st. Rspr. vgl. nur BAG 27. August 2020 – 8 AZR 45/19 – Rn. 50; BAG 4. November 2015 – 7 ABR 62/13 – Rn. 27, BAGE 153, 187), gebieten – soweit die Voraussetzungen eines bEM bei Menschen mit Behinderungen erfüllt sind – kein abweichendes Verständnis von § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX.
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aa) Nach Art. 5 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG haben die Mitgliedstaaten angemessene Vorkehrungen zu treffen, um die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf Menschen mit Behinderung zu gewährleisten, was nach Art. 5 Satz 2 der Richtlinie 2000/78/EG bedeutet, dass der Arbeitgeber die geeigneten und im konkreten Fall erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen hat, um Menschen mit Behinderung ua. die Ausübung eines Berufs zu ermöglichen, es sei denn, diese Maßnahmen würden den Arbeitgeber unverhältnismäßig belasten (vgl. BAG 21. April 2016 – 8 AZR 402/14 – Rn. 20, BAGE 155, 61). Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i der UN-BRK haben die Vertragsstaaten sicherzustellen, dass am Arbeitsplatz angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen getroffen werden.
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(1) Ausgehend von der Legaldefinition in Art. 2 Unterabs. 4 der UN-BRK sind „angemessene Vorkehrungen“ notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen oder ausüben können (zum Begriff „angemessene Vorkehrungen“ vgl. EuGH 11. September 2019 – C-397/18 – [Nobel Plastiques Ibérica] Rn. 64 f.; 4. Juli 2013 – C-312/11 – [Kommission/Italien] Rn. 59; 11. April 2013 – C-335/11 ua. – [HK Danmark, auch genannt „Ring, Skouboe Werge“] Rn. 49, 55; vgl. auch ausf. BAG 21. April 2016 – 8 AZR 402/14 – Rn. 19 ff., BAGE 155, 61). Das bEM stellt keine angemessene Vorkehrung iSv. Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG oder von Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i iVm. Art. 2 Unterabs. 3 und Unterabs. 4 UN-BRK dar (aA Nebe in Plagemann Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht 5. Aufl. § 20 Rn. 10), sondern ist lediglich eine Verfahrensregelung zur Klärung von Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (vgl. BAG 19. November 2019 – 1 ABR 36/18 – Rn. 25).
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(2) Weder die Richtlinie 2000/78/EG noch die Bestimmungen der UN-BRK verlangen ein bestimmtes Verfahren zur Ermittlung angemessener Vorkehrungen (vgl. zur Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX BAG 22. Januar 2020 – 7 ABR 18/18 – Rn. 44, BAGE 169, 267; zum Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX aF BAG 21. April 2016 – 8 AZR 402/14 – Rn. 23 ff., BAGE 155, 61). Fehlt es an einer unionsrechtlichen Regelung des Verfahrens der Rechtsdurchsetzung, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs entsprechend dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten auszugestalten, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten (vgl. nur EuGH 19. Juni 2014 – C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12 – Rn. 112; 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 24 f. mwN; BAG 27. Oktober 2020 – 9 AZR 531/19 – Rn. 20 mwN).
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bb) Das nationale Recht gewährleistet bei dem dargelegten Verständnis von § 167 Abs. 2 SGB IX eine äquivalente und hinreichend effektive Umsetzung der Vorgaben von Art. 5 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG und Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i UN-BRK.
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(1) § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX weist dem Arbeitgeber die Initiativlast zur Durchführung des bEM zu (st. Rspr. vgl. nur BAG 20. November 2014 – 2 AZR 755/13 – Rn. 31, BAGE 150, 117; 7. Februar 2012 – 1 ABR 46/10 – Rn. 9, BAGE 140, 350).
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(2) Wird der Arbeitgeber seiner Initiativlast nicht gerecht und ist der Arbeitnehmer aus diesem Grund nicht in der Lage, Beschäftigungsmöglichkeiten iSv. § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX und Möglichkeiten aufzuzeigen, Arbeitsstätten und Arbeitsplätze sowie die Arbeitsorganisation behinderungsgerecht zu gestalten (§ 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 SGB IX), kann sich der Arbeitgeber zur Abwehr des Beschäftigungsverlangens des Arbeitnehmers (vgl. hierzu BAG 3. Dezember 2019 – 9 AZR 78/19 – Rn. 17, BAGE 169, 26) oder zur Begründung einer Kündigung nicht darauf beschränken vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den Arbeitnehmer und es gebe keine Arbeitsplätze, die dieser mit seinem Leistungsvermögen ausfüllen könne, oder es sei mit einer Verringerung von Fehlzeiten nicht zu rechnen (vgl. hierzu BAG 25. April 2018 – 2 AZR 6/18 – Rn. 51, BAGE 162, 327). Er hat vielmehr von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer bereits genannte Alternativen zu würdigen. Erst nach einem solchen Vortrag ist es Sache des Arbeitnehmers, sich hierauf substantiiert einzulassen und darzulegen, wie er sich selbst seine (Weiter)Beschäftigung oder Hilfen zur Verringerung von Fehlzeiten vorstellt (vgl. BAG 26. Februar 2020 – 7 AZR 121/19 – Rn. 30 mwN). Nur wenn auch die Durchführung eines bEM keine positiven Ergebnisse hätte zeitigen können, ist sein Fehlen unschädlich. Will sich der Arbeitgeber hierauf berufen, hat er die objektive Nutzlosigkeit des bEM darzulegen und ggf. zu beweisen. Dazu muss er umfassend und konkret vortragen, warum ein bEM in keinem Fall dazu hätte beitragen können, das Arbeitsverhältnis bzw. die Beschäftigungsmöglichkeit zu erhalten (vgl. BAG 26. Februar 2020 – 7 AZR 121/19 – Rn. 31 mwN; zum Schutz von Menschen mit „Einfachbehinderung“ bzw. von Menschen mit Behinderung außerhalb des Anwendungsbereichs des KSchG vgl. BAG 19. Dezember 2013 – 6 AZR 190/12 – Rn. 50 ff., BAGE 147, 60).
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cc) Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst. Die vorliegend maßgeblichen unionsrechtlichen Fragen sind durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt (vgl. EuGH 11. September 2019 – C-397/18 – [Nobel Plastiques Ibérica] Rn. 64; 4. Juli 2013 – C-312/11 – [Kommission/Italien] Rn. 59; 11. April 2013 – C-335/11 ua. – [HK Danmark, auch genannt „Ring, Skouboe Werge“] Rn. 49, 54, 55; 19. Juni 2014 – C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12 – Rn. 112; 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 24 f. mwN).
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II. Ein Anspruch des Klägers auf Einleitung und Durchführung eines bEM ergibt sich, wie vom Landesarbeitsgerichts zutreffend entschieden, auch nicht aus dem Gebot der Rücksichtnahme (vgl. hierzu BAG 3. Dezember 2019 – 9 AZR 78/19 – Rn. 21, BAGE 169, 36; 21. Februar 2017 – 1 AZR 367/15 – Rn. 16, BAGE 158, 148) als vertragliche Nebenpflicht aus § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 167 Abs. 2 SGB IX (aA LAG Hamm 13. November 2014 – 15 Sa 979/14 – Rn. 34; Wullenkord Arbeitsrechtliche Kernfragen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements in der betrieblichen Praxis S. 103 ff.) oder einer Konkretisierung der Schutzpflichten des Arbeitgebers aus § 618 BGB (Schils Das betriebliche Eingliederungsmanagement im Sinne des § 84 Abs. 2 SGB IX 2009 S. 220 ff.). Der Ableitung eines Individualanspruchs auf Einleitung und Durchführung eines bEM aus § 241 Abs. 2 BGB oder § 618 BGB steht der in der Gesetzessystematik zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers entgegen, den betroffenen Arbeitnehmern mit § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX keinen klagbaren Anspruch einzuräumen.
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1. Der Gesetzgeber hat mit § 167 Abs. 2 SGB IX eine spezialgesetzliche Regelung geschaffen, die das bEM als dialogisches, kooperatives und ergebnisoffenes Klärungsverfahren (vgl. zu § 84 Abs. 2 SGB IX aF BAG 16. Mai 2019 – 8 AZR 530/17 – Rn. 44, BAGE 166, 379; Düwell in LPK-SGB IX 5. Aufl. § 167 Rn. 32 ff.) etabliert und zugleich die Rechte und Pflichten der Beteiligten innerhalb dieses Verfahrens abschließend regelt. Die allgemeinen Rücksichtnahmepflichten aus § 241 Abs. 2 BGB und die Schutzpflichten aus § 618 BGB können es zwar gebieten, dass der Arbeitgeber Maßnahmen ergreift, um Arbeitsunfähigkeit zu überwinden und erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen, mit dem Ziel, die Beschäftigung des Arbeitnehmers zu sichern (vgl. zur leidensgerechten Beschäftigung BAG 3. Dezember 2019 – 9 AZR 78/19 – Rn. 22, BAGE 169, 26; 22. August 2018 – 5 AZR 592/17 – Rn. 21; zur Berücksichtigung gesundheitlicher Einschränkungen im Rahmen des Weisungsrechts vgl. BAG 14. Oktober 2020 – 5 AZR 649/19 – Rn. 30; 28. Juni 2017 – 5 AZR 263/16 – Rn. 36). Von diesen Einzelmaßnahmen ist jedoch das in § 167 Abs. 2 SGB IX zusammengefasste und spezialgesetzlich abschließend geregelte Klärungsverfahren zu unterscheiden.
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2. Die Gerichte müssen die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren, nur den in § 167 Abs. 2 Satz 7 SGB IX genannten Stellen, nicht aber den betroffenen Arbeitnehmern einen Anspruch auf Einleitung und Durchführung des bEM einzuräumen. Die Grenzen zulässiger Auslegung und richterlicher Rechtsfortbildung (vgl. hierzu BVerfG 6. Juni 2018 – 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 – Rn. 72 ff., BVerfGE 149, 126) wären überschritten, würde aus dem Gebot der Rücksichtnahme bzw. der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers eine Rechtsfolge abgeleitet, die der Gesetzgeber mit § 167 Abs. 2 SGB IX bewusst ausgeschlossen hat.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Kiel |
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